Montag morgen hin, drei Tage volles Programm, Mittwoch abend wieder zurück – soweit zur dienstlichen Planung. Meine sah vor die Kollegen am Mittwochabend alleine zurückfliegen zu lassen, den Abend durch Palma zu schlendern und am Donnerstag mit einem schnuckeligen Motorrad um die Insel zu rollen.

Die Internet-Recherche führte mich, u.a. getrieben von der Unlust, mit einer 125er die Küste entlang zu kreischen, zu dem Motorrad-Verleih ‘Rent Zoom Mallorca’ am Balneario 4 im Osten von Palma. Wer von Balneario 4 auf Ballermann schließt, liegt nicht verkehrt. Meine Meinung zu diesem Ort hat sich übrigens in einem Punkt geändert: einmal gesehen haben muß man das, zumindest für zwei bis drei Minuten. Schilder am Straßenrand mit Hinweisen auf landestypische Lokalitäten wie z.B. Bierkönig, Almrausch, Bierstadel oder Oberbayern, schön bunt bemalt und meistens mit dem volkstümlichen bayrischen weiß-blau besetzt – das Taxi hielt ungefähr zu dem Zeitpunkt, an dem ich verzweifelt aufschreien wollte. So ähnlich stelle ich mir ein Ganzjahres-Halloween vor.
Meine Wahl fiel auf eine Suzuki V-Storm DL650, eine von einem V2 angetriebene Reiseenduro (mehr Reise als Enduro). Den Koffer konnte ich im Geschäft deponieren, einen Helm ausleihen, Handschuhe hatte ich mit und die Knie und Ellenbogen wurden notdürftig mit Skating-Protektoren geschützt. Flottes Fahren war damit natürlich tabu, aber bei “Blümchenpflücker-Geschwindigkeit” sieht man dafür von der Insel mehr.
Mein Interesse galt der Westküste, an der sich ein Gebirgszug bis in den Norden der Insel hochzieht. Vom Motorrad-Verleih fuhr ich über die Schnellstraße bis nach Palma, dort am Hafen entlang und dann in Richtung Süden bis Magaluf. Nach einem kurzen Abstecher zur Küste bei Sol de Mallorca ging es über Santa Ponça und Costa de la Calma auf die C-719 in Richtung Andratx. Dort beginnt die C-710, die sich die Küste in Richtung Norden hochzieht.

C-710 … was für ein schnöder Name für eine derartige Motorradstrecke. Ein Asphalt, von dem viele deutsche Landstraßen nur träumen können und Kurven, die man nach kurzer Zeit nur noch inhaliert. Die engen Kurven sind mittels langgezogener Kurven miteinander verbunden, ab und an gibt es auch mal ein kurzes, gerades Stück. Fragt mich bitte nicht, wie dort die Gegend aussieht – ich habe anfangs nicht darauf geachtet. Nach einigen Kilometern tauchte auf der linken Seite die Küstenlinie auf, an der das Gebirge endet.
Kurz vor Valldemossa zweigt links eine kleine Straße nach Port des Canonge ab. Wer mit dem Motorrad unterwegs ist: ABBIEGEN! Es folgt eine Straße, die über gut 10 Kilometer in die Steilküste eingeschlagen ist und zu einem kleinen Dorf am Meer runterführt. Die Warnschilder ‘Steinschlag’ sind hier etwas ernster zu nehmen, ab und zu liegen ein paar Kullermänner auf der Straße. Schnelles Fahren ist absolut tabu, da es hinter der notdürftigen Straßenbegrenzung ab und an auch mal ein paar Stockwerke oder mehr quasi senkrecht bergab geht. Direkt am Meer unten gibt es hier auch eine Bar, Hunger und Durst lassen sich dort stillen.
War die Strecke runter schon ein Gedicht, hoch ist sie noch besser. Über die C-710 ging es dann weiter in Richtung Norden an Soller und an dem Südwasser-Reservoir der Insel vorbei bis kurz vor einer Brücke eine Straße links in Richtung Sa Calobra abzweigt. Wer dem Orgasmus auf der Straße nach Port des Canonge entgangen ist, hier läßt er sich nicht mehr aufhalten. Eine gut ausgebaute Straße, die sich in einem Gebirgseinschnitt über endlose Kurven, u.a. auch dem berüchtigten Krawattenknoten (Nus de Sa Corbata), runter zum Meer windet. Irre, absolut irre.

Auf der Rückfahrt – wie meistens machen die Kurven bergauf mit dem Motorrad noch mehr Spaß – war die Straße gesperrt. Wie üblich bin ich am Stau vorbei nach vorne gerollt und habe mich neben einem Biker-Paar in die erste Reihe gestellt. Man hörte es quietschen, irgendwann kam um die letzte Kurve vor der Absperrung ein mattschwarz abgeklebtes Auto gefahren, dass mit diversen Gestängen und Kameras bestückt war. Die Reifen sahen breit und mitgenommen aus, der Motor klang wie etwas, was Freude macht. Der Wagen drehte, stellte sich hinter der Kurve neben ein glänzend schwarzes Etwas, dass irgendwann mit aufheulendem Motor nach vorne schoß. Das mattschwarze Ding kreischte kurz auf, war vor der nächsten Kurve vor dem glänzend schwarzen Etwas, ließ es nach danach wieder vorbei um vor der übernächsten Kurve wieder davor zu sein. Oben angekommen sah ich das glänzend schwarze Etwas, ein 5er BMW mit laut Typenschild dicken Motor unter der Haube. Ich würde den Mattschwarzen nehmen.
Ein Blick auf die Uhr stellte mich vor die Frage, ob ich die Insel bis zur Nordspitze abfahre oder lieber noch ein knappes Stündchen am Strand einwerfe. Ich entschied mich für den Strand. Zur Auswahl standen Platja El Mago südlich von Magaluf, Cala Torta bei Artà und Platja Es Trenc an der Südküste auf der Ostseite von Ses Covetes. Letzterer liegt relativ nah bei S`Arenal, wo die Ballermann-Gruselmeile beginnt. Über Lluc, Inca, Sencelles, Montuiri, Porreres und Campos fuhr ich bis Ses Covetes und trabte dann an den Sandstrand der relativ großen Bucht.

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