Am Tag meiner Rückfahrt von Berlin fand auf dem ADAC Fahrsicherheitsgelände in Linthe der Motorrad StartUp Day statt. Es gab kostenlose Schnuppertrainings, Motorrad-Stunts, Speis und Trank und Motorräder zum Ausleihen. Bei Suzuki stand keine GSX-R 1000, auf der ich wirklich mal gerne ein paar Kilometer durch das Land rollen würde. 186 PS, ein lupfendes Vorderrad im 3. Gang bei geschlossener Kupplung – nein, ich würde sie nicht jagen und erst recht nicht kaufen, aber einfach einmal fahren wollen.
Mein Hauptinteresse galt aber eh dem BMW Stand, ich wollte unbedingt ein K-Modell probefahren, also eines mit dem wassergekühlten Vierzylinder-Motor – bevorzugt eine K1200R Sport oder eine K1200S. Mein Blick erfaßte sehr schnell eine blaue K1200R Sport, die vor dem BMW Stand aus Spandau auf mich wartete. Eigentlich war sie zwar für ein Schnuppertraining bereits reserviert, aber ich wich dem Bike nicht von der Seite und keine 10 Minuten später kam die Information, dass der ursprüngliche Interessant abgesagt hatte. 5 Minuten später war der Versicherungsschein ausgefüllt und ich rollte mit dem Mopped vom Gelände. 30 Minuten hatte ich und da ich glücklicherweise auf der Hinfahrt in Linthe vorbeigekommen war, hatte ich auch eine Idee für eine gemischte Landstraßen/Autobahn-Tour. Der erste Eindruck:

Ich saß auf dem Teil, als ob es für mich gebaut worden wäre. Die leicht nach vorn gebeugte Sporttourer-typische Sitzhaltung, die Knie angenehm angewinkelt und gut passend in den Tankmulden anliegend, der Hintern vom kleinen Höcker der Zwei-Personen Sitzbank hinreichend nach hinten abgestützt. Die Haltung ist ähnlich wie auf meiner GSX750F, aber etwas entspannter. Das Prinzip der getrennten Blinkschalter gefällt mir besser als der Kombischalter bei den Japanern, alle Schalter erscheinen mir sinnvoll plaziert und die Instrumente sind sehr gut ablesbar. Gegenüber der S-Ausführung hat die R-Sport nur eine Halbschale, die ihr aber sehr gut steht (ok, ich bin nun einmal ein Fan von “Johgurtbechern”).
Der Motor ist ein Gedicht. Er liefert Schub quasi ab der Leerlaufdrehzahl. Auf einer abgelegenen Straße habe ich die Maschine im 6. Gang bis auf 1200 UPM abgebremt. Mit etwas Gefühl zieht sie fast ruckfrei hoch, ab 1500 ruckelt auch bei heftigem Ziehen am Kabel nichts mehr, im Bereich von 4000 UPM geht die Fuhre nach vorne als ob es etwas zu gewinnen gäbe, ab 7000 UPM wird es regelrecht beängstigend – auf der Landstraße habe ich mich nicht getraut sie höher zu drehen. Der Motor erlaubt problemlose Dorfdurchfahren im 6. Gang – das nutzbare Drehzahlband beginnt wie gesagt bei 1500 UPM und hört bei der persönlichen Angstschwelle auf (wer keine hat, darf oberhalb von 10000 UPM die 163 PS erleben).
Ich habe die Probefahrt mit einem kleinen Autobahnstück abgeschlossen – in Linthe auf die Autobahn rauf, in Belitz runter und das gleiche Stück wieder zurück. Auf der Rücktour war mir zuviel Verkehr, auf der Hinfahrt war die Autobahn erfreulich leer. Beim Aufdrehen bei Tempo 180 und 8000 UPM wurde die Front etwas leicht, was mich zu sofortigem Hochschalten animierte. Im 6. Gang wollte ich sie dann durchziehen, habe aber bei Tempo 250 das Gas weggenommen. Die bis Tempo 180 gut schützende Verkleidung – auch wieder vergleichbar mit der GSX750F – bietet dann keinen wirklich Schutz mehr. Wer mutiger ist, macht weiter, Schub war jedenfalls immer noch da. Ohne Witz: ein sinnvolles Feature wäre vielleicht eine alternative Zündkennlinie wie bei der GSX-R 1000, die den Motor oben etwas beschneidet. Soviel Leistung tut nicht wirklich not.

Der Motor ist ein Traum, das Fahrwerk ein Gedicht. Bereits beim Einbiegen auf die Landstraße hatte ich das Gefühl, mit dem Bike vertraut zu sein. Es folgte genau der Spur, die ich fahren wollte, ist kurvenfreudig und neutral, im Gegensatz zur R1200S aber trotzdem sehr stabil – gefühlt bietet die K1200R Sport auch mehr Feedback vom Vorderrad als die R1200S. Trotz 180er Schlappen auf dem Hinterrad ist das Aufstellmoment in den Kurven gefühlt geringer als bei meiner GSX750F (die nur einen 150er Reifen hat).
Die Lastwechselreaktionen des Kardans sind spürbar, ich empfand sie aber als vertretbar. Das Getrieb ließ sich sauber schalten, allerdings in der Regel auch deutlich hörbar. Mit etwas Konzentration klappte dann aber das Schalten zunehmend geräuschärmer, auch ohne Kupplung. Vermutlich ist dies auch eine Gewöhnungssache. Auf einer schlechten Straße konnte ich das ESA etwas ausprobieren. Ohne jetzt qualitativ den Nutzen beurteilen zu können: im Comfort-Modus wurden die Unebenheiten deutlich weicher abgefangen als im ‘Sport’ Modus. Ich konnte bequem mit 80 durch den Wald rollen, auf meiner GSX750F empfand ich die Strecke als deutlich buckeliger. Einen kleinen ABS Test habe ich auf einer freien Landstraße auch gemacht: bereits bei mittlerem Druck greifen die Zangen vorne beherzt zu, eine Vollbremsung mit Auslösung des ABS kann ich nur mit dem Begriff ‘ankern’ beschreiben. Klare Erkenntnis: wenn es darauf ankommt, stehe ich mit der K1200R Sport deutlich eher als mit meiner GSX750F – und dank ABS sicherer.
Nach runden 40 Minuten und gut 50 Kilometern war ich zurück. Hätte man mich gebeten, mal eben schnell etwas aus Hamburg zu holen, ich hätte vermutlich mit ‘Yes, Sir’ geantwortet und wäre losgedüst. Das Posting hier habe ich bewußt mit etwas Abstand zur Probefahrt geschrieben, mein persönliches Fazit ist aber geblieben: etwas besseres wie die K1200R Sport bin ich in meinem Leben noch nicht gefahren.

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